Liebe Pamina, hallo Papageno!
Der Saisonstart hatte bereits Mitte Februar begonnen. Ich erlebte noch Zeiten, als dieser erst Anfang bis Mitte März begann! Segen oder Fluch? Jedenfalls riefen schon um den 15. Februar Kunden bei uns an und konnten die ersten Frühjahrsblüher kaum erwarten. Zu unserer Schneeglöckchenwoche erschienen eine Menge Besucher und Kunden, was uns natürlich sehr freute. Diese Art Saisonstart hatten wir vor über 15 Jahren in sehr kleinem Rahmen ins Leben gerufen, inzwischen lohnt es sich für dich, auch schon mal von weiter weg herzufahren, denn das Angebot wird immer umfangreicher, du befindest dich unter deinesgleichen und kannst unseren Schaugarten genießen, der sich von Jahr zu Jahr schöner präsentiert, nicht nur mit Schneeglöckchen! Und sei bitte nicht ungehalten, wenn wir die Tage zuvor noch nicht geöffnet haben, denn die Vorbereitung für die Schneeglöckchenwoche ist ziemlich aufwändig.
Der Schneeglöckchenhype hält in „Continental Europe“ ungebrochen an. In Großbritannien scheint dieser schon abgeebbt zu sein, man hört dieses und jenes, ich kann da nicht mehr mitreden, da ich schon länger nicht auf der Insel war. Wir sammeln zwar nach wie vor, aber ich lege Wert auf klare Unterscheidungen zwischen einzelnen, sehr ähnlichen Sorten. Vieles gleicht sich dermaßen, dass sich über Sinn und Zweck streiten lässt. Inzwischen existieren eine Unmenge an Poculiforme, an gefüllt blühenden Sorten, grün gestrichelte oder solche mit gelben Fruchtknoten. Wenn du und deine Schneeglöckchenfans zu uns kommen und die getopften Sorten sehen, tun sie sich schwer, die Unterschiede auszumachen. Erst später im Schaugarten wird die Verschiedenheit zwischen den „erwachsenen“ Exemplaren wesentlich deutlicher sichtbar.
Einige Sorten möchte ich dir dennoch vorstellen, ich kann das Thema bestenfalls anreißen, zu viele Facetten! Gleich im ersten Bild zeige ich dir Galanthus nivalis ‘Lady Elphinstone‘, ein geradezu legendäres Schneeglöckchen, welches schon 1917 von Bowles beschrieben wurde und wegen dessen Zickenhaftigkeit die wildesten Theorien aufgestellt wurden. Warum blühen nach einer Verpflanzung in den Folgejahren die gelben Exemplare grün, keine Spur mehr von Gelb, ähnlich einer ärgerlichen Fehllieferung? Bei uns wächst es sehr zufriedenstellend, erst recht, wenn sie in Böden steht, welcher mit nährstoffreichem Kompost versehen wurde. Sie wächst und wächst, einfach toll, viele deiner Schneeglöckchenfreunde beneiden uns darum, trotzdem blühen die Bestände über die Jahre nach wie vor grün! Wir besitzen schon ein ganz nettes Quantum, aber ich traue mich nicht, auch nur eine davon zu verkaufen, wenn die Exemplare grün blühen! Manche behaupten, dies läge am pH-Wert des Bodens, die Lady möge sauer stehen, unser Boden reagiert aber neutral bis schwach alkalisch. Man solle doch Torf hinzufügen, hörte ich immer wieder! Ich kenne einen Garten im Mühlviertel, wo dicke Bestände dieser Diva stehen, im sauren, mit Flins angereicherten Boden der Böhmischen Masse, dort blühen sie tatsächlich allesamt wunderschön gelb. Aber das ist eben nicht der Kern der Wahrheit! Heuer entdeckte ich in einem unserer Schaubeete ein paar Einzelxemplare, die von früheren Jahren übriggeblieben waren, eingezwängt zwischen dicken Gräserhorsten, sie standen dort länger als 15 Jahren und sie blühten tatsächlich leuchtend gelb. Das Geheimnis liegt schlicht und einfach darin begründet, dass nicht die Reaktion des Bodens für die Gelbfärbung zuständig ist, sondern ganz einfach eine Unterversorgung mit Stickstoff. Je länger sie stehen, desto eher besteht die Chance, dass ‘Lady Elphinstone‘ wieder gelb blüht, da mit den Jahren die Nährstoffe aufgebraucht werden. Früher nannte man diese Eigenschaft „Ernährungsmodifikation“, sehr treffend übrigens!
Du kannst in unserem Webshop auch weiterhin Schneeglöckchen bestellen, wir wickeln diese in Moos ein, so dass die Wurzeln nicht austrocknen. Sie wachsen problemlos an! Wir werden uns bemühen, die Verfügbarkeit der Sorten im Shop immer aktuell zu halten.
Das nächste Bild zeigt ‘Longstowe‘, eine wüchsige und sehr stattliche Sorte, die mir sehr viel Freude macht und durch ihren aufrechten und straffen Wuchs auffällt. Zudem ist sie außerordentlich reichblühend, daher kann ich sie dir wärmstens empfehlen.
Im folgenden Bild siehst du eine meiner Lieblingssorten, welche wohl immer selten bleiben wird, da sie nicht sehr frohwüchsig ist, aber auffällig und wunderschön anzuschauen, sehr großblumig. ‘South Hayes‘ besitze ich seit langem, es war damals wie heute rar und ziemlich hochpreisig. Wir können daher pro Jahr leider nur wenige Exemplare abgeben, ich werde hier wohl niemals von der „Mangelwirtschaft“ wegkommen! Aber das macht die Sorte wohl ewig begehrenswert.
Immer wieder werde ich nach Schneeglöckchen mit gelben Fruchtknoten und gelben inneren und äußeren Merkmalen gefragt, diese waren auch während unserer Schneeglöckchenwoche sehr begehrt. Ich fing vor 27 Jahren mit dem Sammeln an, damals steckte dieser Hype noch in den Kinderschuhen. Und die gelben hatten es mir schon immer angetan, damals ergatterte ich ein Galanthus nivalis der ‘Sandersii-Group‘ von Potterton aus England. Dieses strahlende Gelb leuchtet von Weitem, aber es wächst unendlich langsam, wie kaum ein anderes Glöckchen! Kein Vergleich zu anderen „Gelben“, die wohl alle sehr gemächlich in ihrer Vermehrung sind, aber doch wesentlich besser wachsen. Wenn du ein Gelbes möchtest, das zufriedenstellend wächst, dann kann ich dir Galanthus plicatus ‘Primrose Warburg‘ nur wärmstens empfehlen.
Ein weiterer, sehr auffälliger Star am Galanthushimmel ist Galanthus plicatus ‘Diggory‘, dessen Blüten wie aufgeblasen erscheinen. Diese Sorte ist schon länger verbreitet, aber immer sehr begehrt. Nebenbei ist sie wie die meisten Galanthus plicatus- Sorten sehr wüchsig.
Was erachte ich denn bei einer neuen Sorte als erstrebenswert? Vorrangig ist vor allem die Wüchsigkeit, dann eine eventuelle sehr frühe oder sehr späte Blütezeit, oftmals auch die süße Kleinblumigkeit oder deren imposante Großblumigkeit und vor allem, wie sich die Proportionen einzelner Sorten mit den Jahren entwickeln, all diese Punkte sollten nie vergessen werden. Für mich an oberster Stelle steht jedenfalls die Unterscheidbarkeit! ‘Trym‘, ‘Trymlet‘, ‘Trympostor‘, ‘Trump‘, ‘Baby Trym‘, mein eigenes ‘Trymbum‘ und anderen „Trymskrams“ erscheinen für den Unwissenden gleich, zeigen jedoch sehr wohl Unterschiede, die du erst im Laufe der Jahre feststellst. Dann kommt dazu, dass obige Sorten sich gerne aussäen oder von manchen bewusst über Aussaat vermehrt werden. So entsteht ein Hybridschwarm mit lauter ähnlichen Typen. Ich bin kein Anhänger davon, sofern man sich nicht ein Zuchtziel setzt und gezielt vorgegangen wird. Sämlinge können durchaus hübsch sein, diese jedoch sind einer guten Namenssorte keinesfalls ebenbürtig. Aber das ist eine Ansichtssache, über die sich streiten lässt. Bekannte Schneeglöckchenzüchter sind inzwischen sehr kritisch und betrachten die jüngste Namensgebung jedes Findlings mit gemischten Gefühlen, der Detailverliebtheit sind offenbar doch Grenzen gesetzt, das Sortiment ist inzwischen ziemlich unüberblickbar geworden.
Die Sorten ‘Angelina‘, ‘Chequers‘ oder ‘Jessica‘ sind beispielsweise sehr ausdrucksstark und leicht erkenntlich, auch ‘Green Mile‘ hebt sich als ein sehr grünes Schneeglöckchen deutlich von anderen ab, wenngleich es durchaus noch grüner gehen könnte! Auch für den ungeübten Laien gibt ein Galanthus plicatus sehr viel her, die meisten Sorten dieser Art zählen zu den gartenwürdigsten Schneeglöckchen überhaupt! Du kannst beispielsweise zwischen ‘Three Ships‘ auswählen, welches schon zu Weihnachten blüht oder ‘Colossus‘, das in guten Böden über 30 cm hoch wird, abgesehen von etlichen anderen Auslesen, die mit den Jahren deinen Garten verzaubern!
Auf jeden Fall ist diese Schneeglöckchengeschichte eine unendliche und noch lange nicht zu Ende geschrieben, ich bin auf das Äußerste gespannt, was sich noch alles auftut. Ob und wann orange oder rosa Schneeglöckchen auftauchen, ob dies Sinn macht oder nicht, und wie viele zum Verwechseln ähnliche ‘Golden Fleece‘-Sprösslinge noch auf der Bildfläche erscheinen werden.
Ich liebe Alpenveilchen über alles! Dies war schon zu Beginn meiner Lehre so, wo wir Cyclamen vom Samen bis zur blühenden Verkaufsware großzogen, eine gärtnerisch sehr spannende Geschichte! In meinem Lehrbetrieb kultivierten wir sogenannte „Mini-Alpenveilchen“, welche in der Schweiz gezüchtet wurden. Die Aufzucht dauerte damals gut anderthalb Jahre, heute lässt sich das in der Hälfte der Zeit realisieren, mit dem Ergebnis, dass diese hochgezüchteten Alpenveilchen zu reinen Wegwerfartikeln degradiert wurden. Jedenfalls erinnerten mich die Mini-Topfalpenveilchen an das echte Cyclamen persicum, welches in der Südtürkei, dem Libanon und Israel vorkommt und bei uns nicht winterhart ist. Damals waren winterharte Alpenveilchen für den Garten in den Staudengärtnereien noch relativ selten zu bekommen, sie galten in der Aufzucht als langwierig und man kannte damals noch keinerlei reine Farbstrains. Einige Betriebe klemmten sich hinter die Vermehrung, heute steht uns eine wesentlich breitere Palette zur Verfügung. Trotzdem dauert es einige Jahre, bis in deinem Garten die Ameisen dafür sorgen, dass jene beeindruckend blühenden Teppiche entstehen.
Wir sind inzwischen recht gut aufgestellt in Sachen Alpenveilchen! Du solltest allerdings bedenken, dass in den meisten Gegenden Mitteleuropas lediglich vier Arten als voll winterhart gelten: Cyclamen purpurascens, unser einheimisches Alpenveilchen, dann natürlich Cyclamen coum, wie du es oben im Bild siehst und Cyclamen hederifolium, das herbstblühende, Efeublättrige Alpenveilchen. An geschützten Standorten kannst du auch C. repandum ausprobieren, welches im Spätfrühling mit seinen hübschen, länglichen Blüten auffällt. Alle anderen Alpenveilchen aus der Südtürkei oder Nordafrika sind kaum für unsere Gärten geeignet, sehr wohl aber in geschützten Innenhöfen, in Alpinenhäusern, jedenfalls in nahezu frostfreiem Umfeld. Ein paar Grade unter Null schadet ihnen kaum etwas, sie vertragen jedoch keine länger anhaltenden, tieferen Temperaturen. Aufgrund ihrer Herkunft vertragen sie Sommertrockenheit und ziehen daher über die Sommermonate vollständig ein. Ich kann dich nur auf unseren Webshop verweisen, dort findest du nicht nur unser Angebot, sondern darüber hinaus weitere Tipps. Es sind dies reine Sammlerobjekte, selten und begehrenswert!
Für das halbschattige Umfeld von Vorfrühlingsalpenveilchen, Winterlingen und Schneeglöckchen solltest du auch immer an den Herbst denken. Im Gegensatz zu Südeuropa und den USA rangieren Schlangenbart (Ophiopogon und Liriope) bei uns immer noch unter ferner liefen. Dabei besitzen wir mit ihnen größtenteils langlebige und reichblühende Schattenstauden, welche unter Bäumen und vor Sträuchern wunderbar gedeihen und mit der Zeit kleinere Flächen in Beschlag nehmen. Auch der Schattensteinbrech (Saxifraga fortunei) und spät blühende Funkien (Hosta ‘Fall Bouquet‘) sind hier ebenfalls am richtigen Platz.
Ein Milzkraut möchte ich dir noch vorstellen, nämlich Chrysoplenium macrophyllum aus Yünnan/China. Diese Besonderheit blüht extrem früh, meist sofort nach der Schneeschmelze, mit weißen, zu Büscheln angeordneten Blüten. Ein sehr schattiger und nicht zu trockener Standort ist genau richtig, also hinter deinem Haus an der Nordseite. Es bildet mit den Jahren breitere Polster. Auch seine ledrigen, glänzenden Blätter sind während des gesamten Jahres sehr dekorativ.
Es stimmt mich traurig, wenn man hört, wie wenig Rückhalt seitens der Bevölkerung und damit der Politik für Botanische Gärten und Parks vorhanden ist. Da haben wir schon einmal bessere Zeiten erlebt! Wenn Sichtungsgärten und Städtische Botanische Gärten unter die Räder kommen und dem Rotstift zum Opfer fallen, so zeigt dies doch, dass dem Öffentlichen Grün nicht jener Stellenwert gebührt, der ihm zusteht. Der Botanische Garten Hof ächzt seit Jahren, weil ihm die Mittel gekürzt werden, dabei kenne ich keinen zweiten Garten, welcher mit derart wenig Personal auskommt und eine Artenvielfalt aufweist, die sich sehen lassen kann. Daher muss man unermüdlich auf positive Beispiele hinweisen! Ein anderes Beispiel ist der Ebertspark in Ludwighafen, der von Harald Sauer, einem sehr engagierten Gärtner betreut wird. Sinnvoll angeordnete, sortenreiche Kombinationen geben von sich aus Pflegeintervalle vor. Eine reiche Blüte, verteilt über nahezu das gesamte Jahr machen jeglichen Arbeitsaufwand wett!
Zum Schluss möchte ich dich noch auf eine Vereinigung hinweisen, bei der ich seit 1978 Mitglied bin und es noch nie bereut habe. Ich bin wahrlich kein Vereinsmeier, dies liegt mir absolut fern! Die Gesellschaft der Staudenfreunde (GdS) hat mehr als 5.000 Mitglieder, ihr aktiver Schwerpunkt liegt in Deutschland, wo sie mit zahlreichen Regionalgruppen in allen Landesteilen vertreten ist. Gerade die Regionalgruppen sind es, welche diesen Verein sehr lebendig und aktiv halten! Du lernst interessante Gleichgesinnte kennen, die ihre Gärten für Besucher öffnen. Darüber hinaus findet eine Samentauschaktion statt und es werden in nahezu jeder Regionalgruppe Vorträge von bekannten Referenten zu bestimmten Staudenthemen organisiert. Mit den Jahren war ich bei meinen winterlichen Vortragsreisen bei nahezu allen Gruppen und man lernt nebenbei eine Menge Leute kennen. Eine weitere Säule dieses Vereins ist „Der Staudengarten“, ein Journal, welches 4 x im Jahr erscheint und interessante Artikel rundum Stauden enthält. Falls du noch nicht dabei bist, hier kannst du dich anmelden und du erfährst alles Weitere: www.gds-staudenfreunde.de
Falls du zu den Pflanzenliebhabern gehörst, die tiefer in die Materie eindringen möchten, dir insbesondere einzelne Staudengattungen am Herzen liegen, dich für botanische Nomenklatur und Taxonomie interessierst, dann ist für dich vielleicht die Mitgliedschaft in der „Gartenbotanischen Vereinigung“ von Interesse. Anschrift des Initiators (kein Verein!) ist:
Karl Heinz Neuwirth, Zierenbergstraße 120, 31137 Hildesheim
Mitgliedschaft € 30,-
Es werden gebundene, sehr hochwertige Publikationen mit Beiträgen über die unterschiedlichsten Themen versendet, sowohl Abhandlungen seitens von Mitgliedern über verschiedenste Stauden- und Gehölzgattungen, das meiste wird allerdings von Herrn Neuwirth persönlich verfasst. Einen besonderen Schwerpunkt bilden die Schneeglöckchen, aber auch viele andere Staudengattungen. Die meisten Mitglieder sind interessierte, wohl schon fortgeschrittene Hobbygärtner mit botanischen Ambitionen. Schon alleine wegen der „Gartenbotanischen Blätter“ bin ich fast von Anfang an dabei und habe es ebenfalls nie bereut!
Das war es auch schon wieder. Meine Tochter Kata hat sich in kurzer Zeit etabliert und ist inzwischen nahezu vollständig integriert, worüber ich mich sehr freue! Jüngere sind eben anpassungsfähiger, wenn sie sich der Sache offen stellen!
Wir wünschen uns alle einen schönen Frühlingsbeginn, ich kann es kaum erwarten, mich wieder voller Tatendrang dem Garten und den Stauden zu widmen. Du siehst uns außertourlich in Berlin, in Wien, in Reichersberg, in Seitenstetten und in Kohfidisch. Dazwischen halten wir Ende April unser traditionelles Offene Wochenende ab. Aber zu diesen Terminen findest du alles im Veranstaltungskalender.
Herzlichst, dein Staudengärtner Sarastro